Eingesandt 1981 von „Lo.“ aufgrund eines Aufrufes im alten Versandhaus und veröffentlicht 1981 in „Lust ohne Grenzen“/ Stephenson Verlag, Seite17Ein Stein des AnstoßesEin weißer Bogen Papier liegt vor mir, und ich spanne ihn in meine Scheibmaschine.Eine Aufforderung war mir ins Haus geflattert: Ich sollte schreiben! Schreiben über irgendein Thema, das mich je in meinem Leben bewegt hat, was mich sexuell angerührt hat und eine Saite in meiner Seele zum Klingen gebracht hat, die eigentlich doch hätte nicht mehr zum Jubilieren gebracht werden dürfen – war ich doch längst schon in festen Händen und hatte bestimmt und wahrhaftig den Partner fürs Leben, den man sich als Frau nur wünschen konnte!Und eben diesen Partner hatte ich betrogen, – ohne daß es meine Absicht gewesen war. Die Umstände hatten es so mit sich gebracht, daß ich zu meinem ersten Seitensprung ansetzte, als ich zum erstenmal eine Kur antrat, zu der mein Mann mich auch noch mit Engelszungen (hatte er womöglich irgendwelche Hintergedanken?) überredet hatte…Es kostete mich Überwindung, hierfür alles weitere in die Wege zu leiten, und ich zögerte, meine Vorbereitungen hinaus, so lange es ging. Es gab vieles zu bedenken und zu besorgen. Ja, und dann war auch schon der unverrückbare Termin herangekommen. Ich mußte reisen!
Es war ein Kurheim auf einer Nordseeinsel. Ziemlich weit draußen und jenseits jeglicher Zivilisation. Die Tage waren ausgefüllt mit Kuranwendungen, Sport, Essen, Schlafen. Aber die Abendstunden waren lang – viel zu lang.
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Es gab in dem kleinen Nest ein Lokal, schon fast eine verräucherte Kneipe zu nennen. Und der Wirt war einfallslos genug, immer wieder aufs neue uralte Platten (!) aufzulegen, um das Kurvölkchen zum Tanz zu animieren: Tango – Walzer – Slowfox! Ich fühlte mich zurückversetzt in meine Tanzstundenzeit …. Einen Abend machte ich mit, um dann weitere Einladungen naserümpfend abzulehnen. Lieber blieb ich dann auf meinem unwirtlichen kasernenähnlichen Zimmer und las, denn zum Spazierengehen war es mir zu einsam, so allein. So ließ ich mich dann nach einer Woche wieder einmal überreden, mitzukommen in die alte Kneipe….Und da hätte ich lieber meinen Vorsätzen treu bleiben sollen — denn eben diesen bewußten Abend trat „er“ in mein zu mindest kurzes (Kur-) Leben!
Es war alles so selbstverständlich: Er war plötzlich da, als ich meine Garderobe ablegen wollte – er war mir dabei behilflich. Ich sah ihm in die Augen – da war es um mich geschehen, wie man so schön sagt.
Diese Augen!
Und wie er mich anblickte, sich vorstellte, einen Stuhl an seinem Tisch zurechtrückte — all jenes mochte wohl mit dazu beigetragen haben, daß ich mein Herz an ihn verlor!
Rolf war ein wunderbarer Mann. Er konnte eine Frau nicht kaltlassen! – Und wenn an diesem Abend seine Hand wie zufällig mal die meine berührte, schoß mir jähe Röte ins Gesicht, und es fiel mir sichtlich schwer, meine Gefühle zu verbergen, Keinesfalls wollte ich ihm so rasch zeigen, daß er mir nicht gleichgültig war….Zu allem war dieser Mann noch ein charmaner Plauderer, wie ich mir keinen angenehmeren vorstellen konnte, und die Stunden, bis wir wieder im Sanatorium sein mußten, eilten dann wie im Fluge…
Es stellte sich heraus, daß Rolf seinen Wagen dabei hatte, und so war es dann ganz selbstverständlich, daß er mich mitnahm.Natürlich – es konnte in der Geborgenheit des Wagens und am Rande eines kleinen Tannenhains, dazu im Schutze der Dunkelheit nicht ausbleiben, daß er mich in seine Arme schloß. Wir küßten uns wie zwei Verdurstende, und unsere Körper drängten zu einander; ich befand mich im wahren wilden Liebestaumel.
Erst Rolfs Worte brachten mich wieder auf die Erde zurück. Ernüchert war ich in jenem Moment, als er fast hart mit rauher Stimme sagte: „Mein Gott – wir müssen in die Kurklinik! Es ist schon 22 Uhr!“So rasch er konnte, fuhr Rolf zum Parkplatz, und mit Müh´ und Not erreichten wir die Pforte, die unmittelbar nach uns für die Nacht geschlossen wurde.Der nächste Tag brachte erneut Anwendungen über Anwendungen. Und so stand uns erst die Zeit nach dem Abendessen zur verfügung. Wir fuhren übers Land und fanden irgendwo zwischen Krüppelkiefern und Heide ein ideales lauschiges Plätzchen. Gerade wie geschaffen für Verliebte, wie wir es beide waren….
Es kam, wie es kommen mußte: Von allein fielen wir einander in die Arme. Wir küßten uns mit solcher Leidenschaft, daß wir zu Boden sanken. Wir hatten nur uns. Wir liebten nur uns. Alles andere war vergessen.
Der Spätsommerwind strich über die Gräser und Heide, als wir uns liebten. Der Zauber der Umebung, das Polster, das die Natur als Liebeslager spendete, trugen dazu bei, daß wir gemeinsam einen Höhepunkt erreichten, den man einmalig nennen darf.Was dieser Mann mir schenkte mit all seinen Zärtlichkeiten, war unbeschreiblich schön, zumal er bei der Verteilung des männlichen Attributs zweimal „Hier!“ gerufen haben mußte. Und ich muß schon eingestehen, daß ich´s zuerst regerecht mit der Angst zu tun bekam. Wie sollte ich jenes Liebeswerkzeug wohl verkraften?
Lange lagen wir in inniger Umarmung voll heftigem Verlanges. Unsere Blicke waren ineindergetaucht, und unsere Körper suchten Erfüllung. – Wie er zu lieben verstand!
Mit äußerster Vorsicht, behutsam, wie´s zärtlicher nimmer ging, tauchte er sein Glied in meinen bereiten Schoß.
Unser beider Atem ging keuchend, und unsere Lust war unbändig. Wir vergaßen Zeit und Raum – es war nur ein Traum, meinte ich, als ich erwachte. Aber, daß es Wirklichkeit war, wußte ich dann genau, als ich Rolf abermals in mir verspürte.
Heiß – heiß – unbändig – kraftvoll. Lust – Lust – die ich immer wieder aufs neue erlebte.
Ich war nicht mehr ich. Langsam bestand ich nur noch aus Leidenschaft, Verlangen – immer wieder Verlangen und Erfüllung.Wortlos umarmten wir einander in seliger Erschöpfung. Aneinandergeschmiegt lagen wir da, schweigsam, glücklich, ganz langsam den rosaroten Rausch verklingen lassend … verliebt.
Ja, ich liebte! Liebte einen anderen Mann außer meinem.
Aber das hier war eine andere Welt, in die ich gesetzt wurde – ohne meinen Willen, ohne mein Dazutun.
Diese Welt war abgegrenzt. Da war eine Uhr, die unerbittlich weiterlief. Ihre Zeiger konnte man nicht anhalten, konnte das Werk nicht zum Stillstand bringen. Genausowenig wie unsere Herzen, die noch heftig schlugen vom soeben erlebten körperlichen Genuß. Ja, unsere beider Herzen schlugen für einander – hier auf dieser Insel – für vier Wochen….Wir wußen, daß diese vier Wochen vergehen wüden.
Wir wußten, daß es dann kein Nachher mehr für uns beide geben würde.
Nur hier – an dieser Stelle der Insel – durften unsere Körper sich finden – vier Wochen lang – jeden Tag.Und wir erlebten sie auch jeden Tag, diese süße unendlich heftige, starke, leidenschaftliche körperliche Lust..
Selbst im Schlaf ließ mir sein freudespendendes Glied keine Ruhe. Ich träumte davon, daß es mir Wonne verschaffte. …..Mich beglückte.Ich hörte meine Lustschreie, vernahm seinen keuchenden Atem, bevor er sein Kraft in mich entließ. –
Und dann kamen die Stunden, die die letzten für uns waren.
Brutal, roh, unerbittlioch das Ende einer so großen 4-Wochen-Liebe.
Wir konnten es nicht und wollten es nicht fassen, obgleich wir´s schon vier Wochen wußten.
Es war zu Ende….An einem trüben Vormittag mußte ich dann als erste abreisen. Wie gräßlich ernüchternd. Keine Sonne schien. Sie hatte sich zurückgezogen, als wollte sie nicht Zeuge sein, wenn zwei Menschen, die einander so tief verbunden waren, voneinandergehen mußten…Ein letzter Kuß – eine Umarmung – aus -.
Endgültig, unwiderruflich vorbei. In der Hand nur ein kleiner Stein. Ein Stein des Anstoßes gar?
Aber nein. Keine Gewissensbisse. keine Reue. Kein Bedauern darüber, so etwas Wunderbares erlebt zu haben.
Solch eine Liebe, die nur ein Seitensprung war …eingesandt 1981 von LoCS: rührend & schön traurig! Erstveröffentlichung hier am 22.9.2013 und 4238 Clicks bis zum 26.11.2014.
Für 2013 ein gutes Ergebnis